Maibowle (Waldmeisterbowle)

Gehen wir das Thema mal technisch/medizinisch an: Die meisten Lebewesen entwickeln nach ihrem Ableben Gerüche, wenn der Zersetzungsprozess einsetzt.

Bevor jetzt alle angeekelt weglaufen: Ja, es geht tatsächlich um Waldmeister. Der riecht im lebendigen Zustand nämlich im besten Fall nach Wiese. Abgelebt jedoch, beginnt die Pflanze zu welken und erhöht den Cumaringehalt erheblich. Eben jenes Cumarin ist dafür verantwortlich, dass Waldmeister nach seinem Exitus riecht, wie er riechen muss: Grün. Obwohl er Speisen und Getränke nicht grün zu machen vermag (dazu ist nur Dr. Oetker imstande).

Während sich im Dezember alle Welt über die höhe Cumarinbelastung in Weihnachtsplätzchen aufregt, greift im Mai eine ganze Nation zu prickelnden Getränken mit freiwilliger Cumarinaromatisierung: Waldmeisterbowle. Und genau das haben wir auch getan, denn es ist ja schließlich Mai und der Waldmeister wächst und blüht im Wald…

Zutaten:

  • 1 Flasche (0,7l) trockener Weißwein
  • 1 Piccolo (250 ml) Sekt, halbtrocken
  • 1 Bund (4-5 g) frischer Waldmeister
  • 3 Pfefferminzblätter
  • 4-5 Stängel mit Blätter von der Erdbeere oder Walderdbeere
  • 1 Zitrone
  • etwas Faden oder Band
  • Eiswürfel

Zubereitung:

Eine Waldmeisterbowle beginnt mit einem kleinen Waldspaziergang im Mai (oder einem Gang in den Super- bzw. Wochenmarkt). Dort wachsen die benötigten Pflanzen. Falls die Minze dort nicht wächst: Es geht auch ohne.

Die frisch geernteten Waldmeisterpflanzen werden gewaschen und mit Blüten in einem Frischhaltebeutel (etwas aufblähen) tief gefroren. Das dauert je nach Gefriertechnik zwischen 45 und 90 Minuten.

Durch das Frieren beschleunigt sich der Cumarinausstoß. Wieder aufgetaut überrascht der Duft: Er ist viel intensiver geworden.

Die Erdbeerblätter und Pfefferminzblätter werden gewaschen. Der Weißwein wird in ein Litergefäß gefüllt. Die aufgetauten Waldmeisterpflanzen werden am Stielende mit den Erdbeerblättern zusammen gebunden und kopfüber in den Wein gehängt. So gelangen die Bitterstoffe aus den Stielenden nicht in den Wein. Die Pfefferminzblätter werden in den Wein gegeben. In der Kopfüberhaltung verweilt das gebundene Pflanzenduo nun ca. 1-1 1/2 Stunden im Wein und aromatisiert diesen.

Nachdem das Pflanzenbündel entnommen wurde, wird der Sekt und eine Zitronenscheibe hinzu gegeben. Eine handvoll Eiswürfel sorgen für die richtige Temperatur.

Prost!

Hinweis zur Pfefferminze: In unserem Garten wächst eine sehr aromatische Pfefferminze. Deshalb kamen nur 3 Blätter zum Einsatz. Mit mehr Minze droht schnell die Gefahr eines Minz-Weins ;-)

Bildquelle „blühender Waldmeister“: CeeGee.

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Erstellt von Stefan am 12.05.2008
Einsortiert in die Kategorien: Getränke | Rezepte

11 Reaktionen zu “Maibowle (Waldmeisterbowle)”

  1. sammelhamster

    Super Anleitung!
    Ich wollte schon die ganze Zeit mal Maibowle machen, wusste aber nicht recht, wie.
    Dankeschön :-)

  2. peterknecht

    gerade die Woche über Waldmeister gestolpert – was mich jetzt irritiert, ist, ihr verwendet blühenden Waldmeister – ich habe seltsam in Erinnerung, es sollte kein blühender Waldmeister bzw. Waldmeister nach der Blüte verwendet werden.
    Und – bringen die Erdbeerblätter wirklich was?
    Ich glaube, das ist 30 Jahre her, das letzte mal selbstgemachte Waldmeisterbowle getrunken zu haben – puhh

    Fragen über Fragen
    der peterknecht

  3. Stefan

    @peterknecht: Wir sind den Empfehlungen gefolgt, die so gemeinhin im Web stehen: „Vor oder während der Blüte, jedoch nicht danach„. Wobei danach nur bedeutet, dass weniger Aroma (Cumarin) nach dem ernten entwickelt wird.
    Bei den Erdbeerblättern bin ich mir nicht sicher, ich müsste es nochmal ohne probieren. Aber verbuchen wir die doch einfach unter „Kult“: In eine gute Maibowle gehören Erdbeerblätter (egal ob man die schmeckt oder nicht ).

  4. peterknecht

    Jetzt habe ich dann doch mal auch nachgeschlagen – fündig bin ich bei Elisabeth & Karl Hollerbach, „Kraut & Unkraut zum Kochen und Heilen“ 1979, geworden – nicht „das“ Referenzwerk, aber eins, das nicht auf Literaturverweise verzichtet.
    Hier wird zur Sammelzeit vermerkt: „Für die Verwendung in der Küche Pflanze vor dem Blühen, für die Heilanwendung das blühende Kraut im Mai/Juni.“
    Die Autoren schlage im übrigen vor „eine in sehr dünne Scheiben geschnittene Orange dazugeben“
    Was ich mir sehr lecker vorstellen kann, wie auch die Empfehlung, Waldmeister in Apfelsaft ziehen zu lassen, weniger die an gleicher Stelle empfohlenen Variationen mit „Erdbeeren oder Pfirsiche“.
    An folgender Stelle wird ebenfalls von blühendem Waldmeister abgeraten:
    http://kochbuch.unix-ag.uni-kl.de/bin/rezept.php?id=5844
    wo ebenfalls noch weitere Bowle Variationen mit Erdbeer- und Johannisbeerblättern sich finden lassen.
    Doch was es mit dem „blühendem“ Kraut auf sich hat – nichts gefunden, ausser Erinnerungen an meinen Opa, es dem Kopf zu Liebe, sein zu lassen.

    der peterknecht

  5. Stefan

    @Peterknecht: Danke für die Anregungen und Quellen!
    Der Apfelsaft ist ein (toller) Klassiker. Ein richtiger Waldmeister-Wackelpudding (nicht so’n grünes Monster aus der Tüte) wird mit Apfelsaft hergestellt. Den haben wir für die nächsten Tagen auch noch auf der Agenda – noch gibt es ja frischen Waldmeister im Wald…
    In der Zwischenzeit bleibt nur die Feststellung: Es schmeckte, trotz Blüten, und es geht uns nach dem Selbstversuch ausgezeichnet. Derzeit fehlen mir die Argumente, um von blühendem Waldmeister abzuraten.

  6. peterknecht

    >> und es geht uns nach dem Selbstversuch ausgezeichnet
    das wollte ich hören! — ist doch immer schön, wenn es ein paar freiwillige Laborratten gibt :-)
    und das mit den Waldmeister-Wackelpudding — das finde ich mal eine spannende Idee
    … schätze, ich werde doch noch im Gartencenter vorbeilaufen müssen, denn dort habe ich „Stadtkind“ den Waldmeister gefunden, und nicht unter Buchen.

    der Peterknecht

  7. Susisa

    Haben gerade unsere schöne Waldmeisterbowle (auch mit ein paar Blüten) ausgetrunken. Es schmeckt wie immer ausgezeichnet. Ausserdem habe ich festgestellt, dass Waldmeisterbowle ein
    „Gute Laune Macher“ ist. Ich kann nur zuraten!

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  10. PapaBernd

    Danke für ein paar – für mich neue – Anregungen! Da hier bei uns in den Wäldern noch reichlich Waldmeister zu finden ist, wird auch öfters eine solche Bowle zubereitet.
    Ein Tipp:
    Versucht`s doch auch mal mit einem halbtrockenen Rose´- Wein!

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