Seit einiger Zeit lese ich fasziniert die Beiträge rund um die food-o-grafie-Events. Bisher habe ich mich nie aufraffen können, selber aktiv mitzumachen. Dieses mal ist das anders: Ein paar Tage Urlaub machen Laune auf einen kleinen Rundumschlag zum Thema Software: Wie kommen die Bilder bei den Koch-Banausen in den Blog?
Da ich bei uns meist für die Verwaltung und Bearbeitung der Bilder zuständig bin, kommt hier von mir ein kleiner Überblick zur eingesetzten Software.
Kamerasoftware:
Wenn es um Food-Fotos geht, lasse ich meine Kamera im sRGB-Bereich arbeiten. Grund ist, dass die Bilder zum Schluss für den Einsatz im Web aus Sicherheitsgründen (–> Browser) ohnehin in diesem Bereich konvertiert werden müssen. Der erweiterte AdobeRGB-Farbraum ist daher für mich mit wenig Nutzen verbunden. Ich schleuse die Bilder durchgängig durch den sRGB-Tunnel ;-)
RAW-Fotos schieße ich im Food-Bereich nicht mehr. Zwar wird Speicherplatz immer billiger, trotzdem muss das nicht sein. Bei der Menge der Bilder, die bei uns entsteht, sind die Datenmengen gigantisch. Wir dokumentieren meist auch die Zubereitung als Fotostrecke, da kommen schnell mal einige Dutzend Bilder je Gericht zusammen. Da letztlich Bilder mit maximalen Seitenlängen von 700-800 Pixeln veröffentlicht werden, reicht die Qualität der JPG’s, die aus der Kamera kommen, völlig aus.
Vorauswahl / Ausschuss löschen: ACDSee 9 (Link)
Diese Software ist nicht mehr aktuell (Prodis benutzen die Version 2009), für den Workflow beim Vorsortieren jedoch besonders geeignet, da sie die schnellste Vollbildvorschau bietet. Mit diesem Programm sichte ich den gesamten Datenbestand und lösche alles was unscharf oder nichtssagend ist. Meist reduziert sich der Bildkatalog eines Kochnachmittags damit schon um 80%.
Archivierung / Feinauswahl: Lightroom 2 (Link)
Mit Lightroom 2 verschiebe ich die vorausgewählten Bilder in das Archiv und lege sie dort in einem neuen Ordner ab. Als Struktur folge ich im Kochen-Archiv den Titeln der Blogbeiträge. So finde ich die Bilder später einfach wieder.
Wenn es darum geht, die Feinauswahl schnell hinter sich zu bringen, dann ist Lightroom wirklich genial. Bilder einer Art lassen sich schnell in einer Übersicht zusammen fassen und bis ins kleinste Pixel hinein auf Schärfe beurteilen. Schnell lassen sich hier Bilder ausblenden und damit die Auswahl verkleinern. Zum Schluss werden alle abgelehnten Bilder gelöscht.
Taggen: iTag (Link)
Ich steige erst so langsam auf Lightroom zum Taggen der Bilder um. Die bislang höchste Arbeitsgeschwindigkeit bei einer Taggingsoftware habe ich mit der Freeware iTag erlebt, deshalb benutze ich sie auch besonders gerne. Ich tagge allerdings nur Fotos mit eindeutigen Zutaten. Gruppenbilder (alles mögliche auf dem Bild) bleibt bei mir ungetaggt.
Bis Ende 2008 habe ich andere Software für die Bildbearbeitung benutzt, was zu nicht unerheblichen Datenmengen führte. Als Sicherheitsfreak hatte ich mir nämlich angewöhnt, Zwischenschritte als neue Dateiversionen zu sichern. Nun erledige ich das fast ausschließlich in Lightroom. Die Bildbearbeitung in diesem Programm ist vollständig nicht-destruktiv. Der größte Teil der Bildänderungen wird als Änderungsvermerk zusammen mit den Tags in den Kopf der JPG-Datei geschrieben, ohne dabei die Bildinformation zu beeinflussen. Das ist genial, denn es bleibt bei dem einen ursprünglich geknipsten Bild.
Als Vorher/Nachher-Beispiel habe ich das Hauptbild des „Spargel im Sack“ gewählt.
Ich habe mich entschlossen, neben dem Vorher-Nachher-Bild auch ein kleines Daumenkino zu bauen, in der man die einzelnen Bearbeitungsschritte erahnen kann:
Die Bildmanipulation besteht meist neben der Farbkorrektur aus der Belichtungskorrektur, Helligkeit, Kontrast und selten (in diesem Fall nicht) auch die Sättigung. Manchmal setze ich ein paar Retuschepunkte, das kommt jedoch nur sehr selten vor, denn Krümel, Kleckse und Kleinkram machen Bilder lebendig und sollten meist bleiben wo sie sind.
Gelegentlich helle ich Bereiche im Bild auch etwas auf. Beim Beispielmotiv war das sehr nützlich, da es im aufgeklappten Blätterteigkörper einfach zu dunkel war. Dazu benutze ich in Lightroom den Korrekturpinsel. In diesem Fall ohne Maskierung (Randschutz an Kontrastübergängen). Der maskierte Bereich ist hier im Bild rot markiert. Anschließend wähle ich die Korrekturmethode (in diesem Fall Nachbelichtung) und helle mit dem passenden Schieberegler den Bereich auf, bis mir das Ergebnis gefällt.
Zum Schluss richte ich das Bild gerade aus und wähle den Ausschnitt. In diesem Fall war das recht unspektakulär, da das Ursprungsfoto bereits nahezu dem Endausschnitt entsprach.
Zum food-o-grafie-Event gehören auch die EXIF-Daten. Hier kommen sie:
Kamera: Canon EOS 450D / Objektiv: EF-S18-55mm / Belichtung: 1/8 Sek. / Blende: 5,6 / Brennweite: 55 mm / ISO: 400
Finish für den Upload: Paint Shop Pro X2 (Link)
Meine bessere Kochbanausenhälfte rümpft regelmäßig die Nase, wenn ich mit diesem Programm daher komme. Da ich mich bis heute jedoch nicht mit Photoshop anfreunden konnte, benutze ich es nach wie vor für das Finish. Seit Lightroom bei mir im Einsatz ist, besteht das Finish für das Hauptbild nur noch aus zwei Schritten: Größe reduzieren und einen Bildstempel einfügen.
Die Bildgröße setzen wir für das Hauptbild grundsätzlich auf eine Breite von 700 Pixeln. Für den halbtransparenten Koch-Banausen-Stempel lege ich eine Ebene an und benutze das Bildstempelwerkzeug von Paint Shop. Je nach Hintergrund haben wir 3 verschiedene Stempel zur Verfügung.
Für die Bilderstrecke der Zubereitung habe ich bereits in Lightroom Bilder ausgesucht und die Bildausschnitte (Ratio immer 2:1) festgelegt. Die einzelnen Bildstreifen werden nun in Paint Shop Pro X2 exportiert, dort auf eine Breite von 500 Pixeln gebracht und dann mit jeweils 5 Pixeln Abstand in einen langen Bildstreifen montiert.
Als Qualitätsstufe für die fertigen JPG’s haben sich bei uns 96% bewährt.
Hochladen: WordPress (Link)
Das Hochladen in den Blog ist bei uns recht unspektakulär, das erledigt WordPress automatisch. In der Grundeinstellungen des Blogs haben wir die richtigen Breiteneinstellungen gleich angelegt. WordPress erstellt nach dem Hochladen deshalb vollautomatisch die passenden Zwischengrößen. Sehr praktisch, und qualitativ durchaus brauchbar.
Fazit:
Beim Einsatz aller Software ist immer das Ausgangsmaterial entscheident. Was im Ausgangsbild nicht steckt, kann man kaum und wenn dann nur mit großer Mühe hinein zaubern. Nicht die Software entscheidet über das Ergebnis, sondern das Ausgangsbild.
Für das „Anheben“ des Bildes und die leichte Beeinflussung reichen im Grunde Freewaretools aus. Mehr dient der Bequemlichkeit, jedoch nicht unbedingt dem Ergebnis.
zorra
Toll, dass dich „aufgerafft“ hast, und diesen sehr informativen Beitrag geschrieben hast. Danke. :-) Ich habe unterem auch Lightroom installiert, aber noch nicht richtig ausgetestet. Frage, wie bearbeitest du einzelne Bildbereiche im Bild? Könntest du das kurz ausführen? Das wäre super!
Eva
Sehr informative und ausführliche Erklärung – danke!
Stefan
@Zorra: Gute Idee, ich habe noch etwas zur Bereichsbearbeitung dazu geschrieben.
lamiacucina
interessant: dass man mit einem SW-Korrekturpinsel die zu korrigierenden Bereiche bezeichnen und nachher partiell ändern kann, ist neu für mich.
Petra
Ich bin ganz fasziniert, wie professionell Ihr vorgeht – danke für den Einblick! Eure Fotostrecken sind sehr anschaulich, allerdings sicher auch ganz schön aufwändig von der Arbeit her (für einen alleine wohl kaum zu bewerkstelligen: kochen und alle Schritte fotografieren?)
sassi
nach so etwas wie iTag bin ich schon länger auf der suche, das schau ich mir mal genauer an.
& ich glaub lightroom werd ich jetzt dann auch mal ausprobieren!
Stefan
@lamiacucina: Im Grunde ist diese Arte der Änderung eine einfache Variante des Vorgehens in gängigen Grafikprogrammen (z.B. Photoshop):
1.: Ebene/Layer anlegen
2.: Bereich auswählen
3.: Änderung durchführen, ggf auf dem Layer editieren
Nur, dass es hier einfacher funktioniert.
@Petra: Wir kochen meist zusammen und sind deshalb in der glücklichen Lage, zwei freie Hände zum Fotografieren zu haben. Das macht vieles einfacher.