Korrekt bis auf den letzten Cent
Es ist mein Geld, dass sie da ausgeben. Denn die Menschen, die solche Rechnungen (Gutschriften) schreiben, habe ich von meinen Steuern bezahlt. Und Du von Deinen ebenfalls.
Ein Brief mit dem Hinweis „Die Gutschrift übersteigt den Aufwand der Erstattung und wird daher einbehalten.“ oder „… wandert in die Kaffeekasse.“ oder „… davon fliegen wir nach Malle!“ wäre das sinnvolle Mittel der Wahl gewesen. Stattdessen entwickelt sich für eine 10-Cent-Gutschrift folgende Kostenlavine:
- Aufwand, um den Beleg zu erstellen, zu versenden und zu verwalten: 15 Minuten (~3 Euro)
- Porto: 0,90 Euro
- Briefumschlag: 0,05 Euro
- Der Bescheid bestand aus 9 (!) bedruckten Seiten: 0,50 Euro
Bis hierher kann man ja noch mit dem Kopf schütteln, es jedoch als „Informationspflicht“ verstehen. Rechnen wir mal grob zusammen: Bis zu diesem Zeitpunkt hat unser Guthabenbescheid Kosten in Höhe von 4,45 Euro verursacht, vermutlich war das nicht vermeidbar. Jetzt geht’s aber weiter:
- Die Buchhaltung verwaltet die Gutschrift: 10 Minuten (~2 Euro)
Ich melde mich per Fax und teile meine Kontoverbindungen mit.
- Faxdruck (vermutlich auf teurem Thermopapier): 0,15 Euro
- Händische Erfassung des Vorgangs: 10 Minuten (~2 Euro)
- Buchhaltung erstellt eine Gutschrift und führt diese aus: 10 Minuten (~2 Euro)
- Postengebühr beim Geldinstitut: 0,10 Euro
Bis sich mein „gesamtes Guthaben“ auf meinem Konto befindet, hat das Landratsamt also nochmal weitere 6,25 Euro ausgegeben. Mit den Vorlaufkosten sind das bereits 10,70 Euro. Vermutlich bekomme ich noch einen Nachfolgebescheid, in dem mir das ausgeglichene Konto mitgeteilt wird (hatten wir schon, kostet 4,45 Euro), aber das lassen wir mal aussen vor.
Für eine Gutschrift von 10 Cent wänden unsere Staatsdiener also das Einhundertfache auf. Unberücksicht bleibt dabei übrigens die eine oder andere Panne. Spontan fällt mir dazu z.B. ein, dass ich wegen Lächerlichkeit nicht reagiere und in vier Wochen daran erinnert werde, dass ich noch meine Kontoverbindungen zu übermitteln habe.
„Sie können gegen diesen Bescheid innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen„. Ich würde das wirklich gerne tun. Allein: Mir fehlt der Glaube, dass der Sachbearbeiter meinen „Widerspruch wegen grobem Unfug“ versteht. Er würde wohl sinnlos verdampfen (der Widerspruch, nicht der Sachbearbeiter) und ausser weiteren Kosten nichts bewirken.
Noch eine bissige Bemerkung zum Schluß (falls die Sachbearbeiter meines Bescheid in der Gewerkschaft Verdi organisiert sind): Der Verzicht auf meine „Gutschriftsverwaltung“ hätte alleine 20-30 Minuten Jahresarbeitszeit eingespart und wäre eine sinnvolle Aktion im Kampf um die 35-Stunden-Woche (pardon: 38) gewesen…
PS.: Mit etwas Phantasie fallen einem noch viele weitere Stationen ein, an denen so eine Gutschrift weitere Kosten verursacht. So ist ein Stundenlohn (inkl. Berücksichtigung aller Nebenkosten, denn z.B. Pensionen (also Renten) zahlen schließlich auch wir) von 12 Euro sicherlich viel zu niedrig angesetzt.
PPS.: „Was regst Du Dich wegen diesem Kleinkram so auf?“
Weil es im Kleinen beginnt und im Großen oft ähnlich sinnfrei läuft.
Und: Wieviele „unter-10-Euro-Gutschriften“ mögen die verschickt haben? 100? 1000? Vielleicht 10.000? Unter Umständen wäre das bereits ein Budget gewesen, die Rechnungssoftware dahingehend zu ändern, dass sie „IF GUTSCHRIFT KLEINER 10€ THEN KAFFEEKASSE“ beherrscht.
PPPS.: Wenn ich an das Schreiben des „Amtsgerichtes L.“ denke, das mir Anfang 2006 (!) mitteilte, dass man beschlossen habe, von händischer Aktenverwaltung auf „moderne EDV“ umzustellen, dann kommt mir noch so mancher dunkler Gedanke im Zusammenhang mit meiner 10-Cent-Gutschrift…
am 12. April 2006 um 9:59 am Uhr.
Ein Problem sehe ich nur, wenn sie Dir Dein Guthaben nicht überweisen:
Wo im Gemeindehaushalt findet sich der Posten „Finanzmittel vom Bürger gespendet“ ??
am 6. Juni 2006 um 1:19 am Uhr.
Vielleicht dürfen sie kein Geld behalten ? Selbst für Gutschriften dürfte es Vortschriften geben. Besser wäre allerdings, das Guthaben in das nächste Jahr zu übertragen…
Positivbeispiel:
Mein (Noch)-Vermieter war bei den letzten beiden Nebenkostenabrechnungen so kulant, auf eine Nachzahlung von jeweils unter 3 EUR zu verzichten.